Hallo Kultur? Hallo Kultur!

Wenn an den Winsener Kulturschauplätzen derzeit Stille herrscht, sind wir hier und auf Facebook umso lauter.


Das Blaue Sofa-Projekt: Eine digitale Bühne der Kulturtafel

Da es leider nicht einen einzigen lustigen Witz im Internet gibt, der mit „Was ist blau…“ beginnt, starte ich diesen Post eben nicht mit einer lustigen Pointe, sondern komme gleich zur Sache. Kein Witz: Es ist blau, es ist gemütlich und es ist der Hauptdarsteller im neuen „Das Blaue Sofa-Projekt“, das unter dem Deckmantel der Kulturtafel Landkreis Harburg startet. Die Kulturtafel, ein Projekt der Reso-Fabrik, des Kulturlandkreises Harburg und der Stadt Winsen (Luhe) wurde an dem Tag eröffnet, als man über die ersten Risiken des Händeschüttelns noch lachte. Zwei Tage später war’s dann offiziell und das just gestartete Vorhaben von 100 auf 0 gestoppt. Dass Kultur aber auch digital stattfinden kann, zeigt sich ja seit Wochen erfolgreich und so wird nun auch die Webseite der Kulturtafel zu einer medialen Bühne.

 

Doch spulen wir ein bisschen zurück, den ein paar Zufälle haben dazu geführt, dass die erste Veranstaltung mit dem blauen Sofa schon diesen Samstag gestreamt werden kann. Da auch in der Gemeinde St. Marien Stillstand herrscht, wurden die eigentlich dort eingesetzten Bufdis Hannah und Jonas zu Sven Dunker in die Reso-Fabrik vermittelt, als dort die Lebensmitteltafel wieder eröffnete. 

 


Eine glückliche Fügung, denn Sven hatte unterdessen über Möglichkeiten nachgedacht, die Kulturtafel nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und mit einer digitalen Bühne geliebäugelt. Aber alleine lässt sich so ein Projekt nicht stemmen, doch in Hannah und Jonas fand er sofort begeisterte Kumpan*innen. In Nullkommanix setzte das Team, das kurz darauf schon um zwei, inzwischen vier weitere Mitstreiter*innen bereichert war, ein Konzept um. Logo, Flyer, Webseiten-Erweiterung, Pressemitteilung, zwei erste Veranstaltungen, zack. Fehlt nur noch das blaue Sofa, aber das kommt auch in den nächsten Tagen, rechtzeitig vor der ersten Ausstrahlung am Samstag um 19 Uhr.

 

Auf www.kulturtafel-lk-harburg.de ist das Logo nicht zu übersehen. Klickt man darauf, betritt man sogleich den vituellen Konzertsaal. Barrierefrei und kostenlos. Snacks und Getränke müsst ihr euch aber selbst mitbringen!

Judith Beckedorf: CD Release Konzert am 16.5. im... Internet!

Und nun zur begnadeten Gitarristin, die ich gestern angeteasert habe. Habt ihr schon gesehen? In unserem Veranstaltungskalender ist ein Konzert! Diesen Samstag schon! Hier im Marstall? Leider nicht. Aber zum Glück war Judith Beckedorf schon einige Male bei uns, zuletzt mit dem Gitarristinnen-Projekt Musisheans, das unsere Musikschule Winsen mitorganisiert hat.

Die gebürtige Winsenerin hat das Internet für ihre Musik längst entdeckt, was nicht verwunderlich ist, wenn man die Entfernungen zu ihren Mit-Musiker*innen betrachtet. Wo sieht sie die Vorteile?


„Natürlich kann ein Gefühl, das durch Musik zwischen Menschen entsteht am allerbesten persönlich herüberkommen. Diese Ebene kann das Internet niemals ersetzen“, sagt sie. Aber über ein Online-Konzert können natürlich Menschen weltweit erreicht werden können. Und das bietet Möglichkeiten: Gemeinsam mit 40 Frauen aus aller Welt ist ein Video zu „Keep on the sunny side“ entstanden, außerdem eines mit ihren Musikfreunden Sönke Meinen und Reentko Dirks. Beide sind auf der Seite der Musisheans zu finden und auf Judith Beckedorf - Artist Page.

Und so ist das Internet auch diesen Samstag ihre Bühne, wenn Judith ihr erstes volles Album als Singer/ Songwriterin veröffentlicht, dessen Songs fast alle während ihres Auslandsjahres in Nashville, TN entstanden sind. Der Marstall reiht sich gern ein in die Liste der „Gastgeber im Herzen“, auch wenn unsere Bühne nicht wirklich der Schauplatz ist. Das exklusive Konzert wird live auf YouTube aus ihrem in euer Wohnzimmer übertragen und sie spielt nicht nur alle Songs des Albums, sondern nutzt die Chatfunktion um mit euch zu plaudern. Zu gewinnen gibt’s sogar auch noch was! Wie ihr ein Ticket für das Konzert erwerben könnt, wird in der Infobox hinter diesem Link erklärt: Judith Beckedorf - Online Album Release Concert

epplause.me: klick e.V. sorgt für fast echte Live-Erlebnisse

Der Winsener Verein klick e.V. hat in der Vergangenheit schon viele Konzerte in Winsen veranstaltet und hätte dies auch 2020 gern getan, wenn da nicht… na ihr wisst schon. Und was macht man, wenn man live keine Konzerte veranstalten kann? Man veranstaltet sie digital. Und wenn man unglücklich mit den üblichen Einbahnstraßen-Konzerten ist, bei denen die Künstlerin/der Künstler als Publikum nur die Linse einer Kamera hat? Dann wird aus einer Lagerfeuer-Idee plötzlich etwas ganz konkretes: epplause.me – eine nicht nur digitale, sondern vor allem interaktive Bühne, bei der Interaktion nicht nur durch Herzchen und Kommentarfunktion, sondern durch echten Kontakt ermöglicht wird.

 

So wie das Publikum seinen Künstler, braucht der Künstler auch sein Publikum und genau das ermöglicht das Portal epplause.me. Künstler*innen aller Gattungen können sich dort darstellen, Menschen wie du und ich können mit ihnen Kontakt aufnehmen und sie buchen. Egal wo, egal wann, egal wieviele zusehen. Um das Projekt schnellstmöglich ins Rollen zu bringen wird jetzt gecrowdfunded. Wir freuen uns über so viel Engagement und wünschen richtig viel Erfolg!


Hier könnt ihr mitfunden und euch nochmal alles ganz genau erklären lassen: https://www.startnext.com/epplause

 


Im Gespräch mit Bine Schlei vom Atelier Zeitreich

Liebe Bine,
herzlich Willkommen in Winsen! Wenn ich aus meinem Wohnort Fliegenberg morgens an der Elbe entlang ins Büro fahre, fällt der gelbe Container im Stöckter Hafen auf. Bis vor ein paar Monaten war dort "Kunst im Container" beheimatet und dann stand er lange leer. Im März sehe plötzlich das Plakat mit der Aufschrift "Atelier Zeitreich" und denke mir "...das kenn ich doch aus Ashausen?"


Vielen Dank Susanne, ja genau. Du kennst mich aus Ashausen. Ich war dort 5 Jahre in der Bahnhofstrasse in auch wundervollen Räumen. Seit 2008 kennt man mich als die “Herbstprinzessin“, die im Wald ein Atelier hatte und 4x im Jahr zu Ausstellungen eingeladen hat.


In Stelle kennt man Dich also, aber in Winsen herrscht vielleicht bei einigen noch Erklärungsbedarf. "Offenes Atelier für Keramik und mehr": Was dürfen Neugierige bei Dir erwarten?


Das Zeitreich ist eine Mischung aus vielen schönen handgearbeiteten Keramiken, Schmuck aus Leder, Allem, was Freude bereitet und es wird mit guten Wünschen hergestellt. Jedes Stück ein Einzelstück. Meine Keramik ist leicht und voller Freude, für sich selbst oder zum Verschenken.
Ich biete Freundinnenstunden, Workshops, Gestalten mit Ton, mit oder ohne Thema, Kindergeburtstage mit Keramik bemalen, Gutscheine für einen Workshop in ganz kleiner Runde, Geburtsteller mit Fußabdruck und vieles mehr an.

 

Du hättest Dir Deine Eröffnung am 8. April sicherlich anders vorgestellt, hast aber mit dem "Offenen Fenster" am Mittwochnachmittag das Beste aus der Situation gemacht. Wie sind Deine Öffnungszeiten denn jetzt? Und inwiefern schränkt Corona Deinen Betrieb noch ein?


Ja, das stimmt. Am 1.Mai war ein offizieller Eröffnungsempfang mit Live-Musik, Prosecco und ganz viel lieben Menschen geplant. Nun war die Eröffnung recht unspektakulär und es fehlte ein Startschuss. Aber wie immer gibt es zwei Seiten einer Medaille. So konnte ich mich in Ruhe vorbereiten, alle Kartons auspacken und etwas entspannen. Der Hafen ist dafür wirklich ein guter Ort.  Derzeit habe ich meine Öffnungszeiten noch nicht ganz ausgeweitet. Ich bin Mittwoch bis Freitag von 15-18 Uhr, oft auch länger dort. Auf meiner Webseite www.atelier-zeitreich.de findet ihr immer aktuelle Informationen.

 


Ich hab Dich ja am Offenen Fenster besucht und konnte so gleich einen Blick in Deine Räumlichkeiten werfen. Und du hast ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert. Du planst Ausstellungen mit anderen Hoopter & Stöckter Künstler*innen, kleine Events mit Live-Musik und wenn ichmich nicht irre... Klang-Massagen?


Das stimmt, ich habe einige Ideen. Nun bin ich etwas ausgebremst und die finanzielle Situation ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Eine Idee ist es, den Hafen zum Klingen zu bringen. Kleine Konzerte, Lesungen, Ausstellungen. Kleine Events. Keine Festivals, sondern eher etwas im kleineren Rahmen. Ja, auch eine Klangmassage ist geplant. Ein Geheimtipp, sozusagen. Alles andere wird sich, denke ich, wenn wir wieder alle ganz entspannt zueinander finden, ergeben. Ich bin da eher ein spontaner Mensch. Und ich muss erst einmal richtig ankommen und freue mich, wenn dann demnächst auch die Workshops wieder anlaufen dürfen. Ich freue mich auch jetzt schon über viele interessierte Besucher*innen.

 

Mich kannst Du auf jeden Fall schonmal einplanen, ich freue mich schon auf den klingenden Hafen und tonbeschmierte Hände! Ich bin sicher, dass Du Dich im Stöckter Hafen schnell heimisch fühlen wirst.

 

Das Atelier Zeitreich ist live und in echt im Stöckter Hafen am Hoopter Elbdeich 2 zu finden.
Virtuell erreicht ihr Bine per Mail an atelier.zeitreich@gmail.com, bei Facebook als @atelierzeitreich und bei Instagram als @atelier_zeitreich

Iris Rousseau

 

Diesen Samstag hätte sie stattfinden sollen. Die lang geplante und prominent besuchte Vernissage von Iris Rousseau, der Hoopter Bildhauerin, die bekannt ist für ihre beeindruckenden Bronzeskulpturen. Es wäre gleich eine doppelte Enthüllung geworden: Die Vorstellung Ihres Buches „Geheimnisse der Bildhauerei“ und ihre neue Skulptur „Chantalle de Paris“. Ian Karan, Wirtschaftsminister a.D. wäre Laudator gewesen, Schauspielerin Margitta Heyn hätte einen Beitrag aus ihrem Programm „Menschsein“ dargeboten. An den Wänden hängen noch unbetrachtet Ölgemälde von Lester Ruhunuhewa, Willi Kissmer, Lois Kapr, Petr Wiesner, Jean Claude Picard und anderen. Gäste waren geladen. Und nun Corona. Keine Vernissage, keine Buchveröffentlichung, weil darin auch Chantalle zu sehen wäre (und ein bisschen Überraschung soll schon sein!). Die Ausstellung ist verschoben. Frau Rousseau erzählt mir am Telefon, wie es ihr in dieser Situation geht, wir reden über die Privilegien der Nähe zum Wasser, ob Fliegenberg, Hoopte oder Papua Neuguinea, über die Unlust Sport zu treiben aber das gute Gefühl nach Tai Chi oder Yoga, über ihre Liebe zu argentinischem Tango und der daraus entstandenen Skulptur „Tango Argentino“, meine Kinder und über die Herausforderungen, die die aktuelle Lage mit sich bringt.  Was sie vermisst? Den Besuch ihrer Gäste in ihrem Atelier. Die Vernissage ist nur aufgeschoben. Irgendwann –hoffentlich nicht in allzu weiter Ferne- wird sie nachgeholt. Bis dahin sind Besucher ihrer Ausstellung herzlich eingeladen. Auf ihrer Webseite www.rousseau.de könnt ihr euch einen ersten Eindruck verschaffen und Frau Rousseau für einen Besichtigungstermin der 380m² großen Galerie und des üppigen Gartens anrufen. Selbstverständlich mit dem gebotenen Abstand. Sie freut sich auf Sie!


Johannes Köppen für CHIPAI

Ich bin Saxophonist und Profimusiker. Ich lebe davon, Konzerte zu spielen. Schon Ende Februar wurden erst einmal für unbestimmte Zeit alle größeren Veranstaltungen abgesagt. Da ich schon Engagements bei verschiedenen Messen hatte, traf mich das hart: Keine Einnahmen. Für die Band „Chipai“ (Alberto Sanchez Lounge Orchestra), mit der ich letztes Jahr in Ihrem Marstall gespielt habe und auch dieses Jahr wieder eingeplant war, habe ich letztes Jahr viel gearbeitet und tolle Konzerte arrangiert. Sehr gerne hätten wir bei Ihnen im Marstall wieder gespielt. Aber auch das Klassik-Festival auf Fehmarn, Im Kursaal 3 auf Sylt, Ein großes Beach-Festival auf Föhr und viele andere Auftritte wurden ersatzlos gestrichen. Das tut sehr weh. Durch das Kontaktverbot fällt praktisch auch die Arbeit mit der Gruppe aus. Das ist eigentlich das Schlimmste, dass der Arbeitsprozess, in dem wir stecken, die Entwicklung der Band einfach gestoppt wurde.


 

Abgesehen davon und abgesehen von der schwierigen finanziellen Situation (Die Corona-Soforthilfe kam schnell, aber sie reicht nicht einmal für die häusliche Miete) bin ich als Musiker aber nie arbeitslos. Ich nutze die Zeit, so gut es geht, um Solo-Projekte voranzutreiben. Als Besitzer eines kleinen Studios verbringe ich dort sehr viel Zeit und Produziere eigene Musik. Auch den aktuellen Song „Deep Depression“ über die Corona-Melancholie.

Mit dem Harfenspieler Alberto Sanchez habe ich auch eine Möglichkeit gefunden, weiter Musik zu machen. Aus ersten Anfragen in diversen Altersheimen sind inzwischen eine ganze Reihe Konzerte geworden. Für Altersheime und Wohnungsbaugenossenschaften oder in Online-Gottesdiensten geben wir Konzerte z.B. in Innenhöfen für die Bewohner. Konzertbesuch einmal anders herum: Die Musiker kommen zu den Zuhörern. Wir stehen im Innenhof und die Bewohner stehen an ihren Fenstern und auf Ihren Balkonen und freuen sich unglaublich über die musikalische Abwechslung. Ihr Applaus fühlt sich an wie eine freundliche Umarmung.

 

Das Internet benutzen wir nicht anders als zu nicht-Corona-Zeiten, also für Werbung. In die Flut von Facebook-Konzerten möchte ich mich nicht einreihen. Da ich nicht unterrichtet habe, mache ich auch jetzt keine Online-Kurse. Ich versuche andere Möglichkeiten zu finden, um auch finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Da es absehbar ist, dass uns Musikern die Lebensgrundlage für lange Zeit entzogen sein wird, ist es umso wichtiger nach alternativen Möglichkeiten zu suchen. Das Internet stellt für mich nur eine Notlösung dar. 

 

Besuchen Sie Johannes Köppen im Internet unter www.kingkoeppen.de und mit seiner Band www.chipai.de, auf Facebook unter @chipaihamburg.

 

Dr. Götz Östlind

 

Unserem Aufruf, von ihrer aktuellen Situation zu berichten, ist der Winsener Pianist Götz Östlind gefolgt. Zuletzt war er in Winsen beim 70. Weihnachtskonzert des Singzirkels in St. Marien zu erleben.

 

Er berichtet, dass die Musikbranche derzeit einen bisher noch nie erlebten Bruch erleiden muss. Ihm selber fehlt neben den Konzerteinnahmen insbesondere die Freude an den Auftritten auf der Bühne. Es fehlt der Kern, warum Künstler so gerne auf der Bühne stehen. Die derzeit größte Schwierigkeit ist die Ungewissheit: Wann und in welchem Maße wird im Konzertbetrieb wieder Normalität herrschen? Und werden viele Menschen aus Vorsicht nicht erstmal abwarten und zu einem späteren Zeitpunkt an größeren Events teilnehmen? Glücklicherweise konnten einige Veranstaltungen in den Herbst oder in 2021 verschoben werden, aber es bleibe abzuwarten, ob dann wieder Normalität eingekehrt ist.

 

Das im Mai geplante Doppelkonzert im Marstall musste hingegen leider ausfallen. Zwei Abende mit Auszügen aus seinen bisherigen Alben „Die Ruhe“, „Der Sturm“, „Klaviersonaten 1-3“, „Klaviersonaten 4-6“, „Die magische Welt der Tiere (Teil 1)“ und „Die Erzengel (Teil 1) waren geplant. Stattdessen bot er seinen Fans über seinen Instagram Account „goetzoestlind“ ein Solo-Live-Konzert aus seiner Wohnung. „Gerade in dieser für uns alle neuen und unsicheren Zeit kann Musik noch mehr Freude bereiten – weil sie eben nicht mehr selbstverständlich und jederzeit im Konzert verfügbar ist.“

 

Besuchen Sie Götz Östlind auf einem seiner zahlreichen Kanälen. Die komplette Übersicht finden Sie auf 

www.goetzoestlind.com